Epistemische Überlegenheit
Geschriebenes
Gehen wir davon aus, dass es keinen neutralen und allgemeingültigen Standpunkt gibt, um verschiedene Optionen als besser oder schlechter, wahr oder falsch, mehr oder weniger gerechtfertigt usw. zu bewerten, verstricken wir uns in ziemliche Probleme.
Wollten wir nämlichen eine Person davon überzeugen, dass unser eigener Standpunk ihrem überlegen ist, müssten wir mit Argumente hantieren, welche die objektive Überlegenheit unseres epistemischen Systems demonstrierten. Solche Argumente wären jedoch auf die Stichhaltigkeit von gewissen epistemischen Prinzipien angewiesen.
Dabei wäre es naheliegend, dass wir auf die Prinzipien unseres Systems zurückgreifen, dessen Überlegenheit wir zu beweisen versuchen. Diese Prinzipien würden selbstverständlich zugunsten von unserem Standpunkt entscheiden. Unser Gegenüber würde sich hingegen auf die Prinzipien seines eigenen Systems stützen, welche für die Überlegenheit seines persönlichen Standpunktes sprechen.
Eine solche Demonstration der epistemischen Überlegenheit wäre somit aus der jeweiligen Perspektive einleuchtend, sie taugt aber nicht dazu, die Meinung der anderen Partei zu ändern, weil die Argumentation auf Prinzipien beruht, welche das Gegenüber nicht gutheißen kann.
Und schaut man sich die Struktur dieser norm-zirkulären Argumentation an, wird sogar der eigene Standpunkt fragwürdig. Denn lässt sich wirklich eine Überlegenheit des eigenen epistemischen Systems aufzeigen, indem wir genau dieses System für die Rechtfertigung verwenden?
PS: Dieses Chaos nennt sich ‘epistemischer Relativismus’. Mehr dazu zu lesen gibt’s in Fear of Knowledge: Against Relativism and Constructivism (2007) von Paul Artin Boghossian.
Bild: Ouroboros Dog frame hand drawn – Quelle.