Überzeugen und überschreiten

Geschriebenes

«Welchen Ausgangspunkt die wissenschaftliche Tätigkeit auch immer nehmen mag», schreibt Gaston Bachelard in Der neue wissenschaftliche Geist (1908), «voll überzeugen kann sie nur, indem sie diesen Ausgangsbereich verläßt: Wenn sie experimentiert, muß sie auf Vernunftgründe zurückgreifen, wenn sie von Vernunfterwägungen ausgeht, muß sie experimentieren.»

Beobachtungen ergeben erst dann Sinn, wenn sie kognitiv verarbeitet und begriffen werden. Hirngespinste hören im Gegenzug auf, Hirngespinste zu sein, wenn sich die Gedanken in der Wirklichkeit gespiegelt und bestätigt finden. Wenn das, was im eigenen Kopf passiert, mit der äußeren Welt übereinstimmt, wird Erkenntnis möglich. Will man also anderen zum gleichen Einsicht verhelfen, muss ernst genommen werden, was in deren Köpfen und Welten vor sich geht. Und der erste Schritt besteht darin, das Eigene zu verlassen – «Anwendung ist stets Überschreitung.»


Literatur: Bachelard, Gaston: Der neue wissenschaftliche Geist. Übers. von Michael Bischoff. Frankfurt a.M. 1988, S. 9.
Bild: Detail aus Meehan’s canines Featuring his celebrated leaping hounds von Alfonso Iannelli (ca. 1970), Library of Congress – Quelle.


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