Eine Lilie
Geschriebenes
Diese Madonnen-Lilie von Pierre-Joseph Redouté zeigt genau genommen keine Madonnen-Lilie. Das liegt daran, dass es sich bei der Blume von 1827 um eine Zeichnung für die Publikation Choix des plus belles fleurs handelt. Dass sie gezeichnet ist, ist dabei jedoch weniger wichtig als der Umstand, wie die Lilie gezeichnet ist. Denn auch wenn jede Form einer Abbildung von Natur (z. B. Fotografien) Übersetzung bedeuten, wird beim genauen Hinschauen klar: Diese konkrete Lilie wird es nie gegeben haben.
Typisch für eine Naturzeichnung dieser Zeit, kennt die Lilie von Redouté keinen Anspruch auf Objektivität. Die Zeichnung zeigt keine bestimmte Blume, sondern die charakteristischen Formen dieser spezifischen Pflanzenart. Sie ist – einschließlich der subjektiven Färbung der Wahrnehmung des Künstlers – auf eine idealisierte Weise dargestellt. Anders formuliert: Diese Madonnen-Lilie von Pierre-Joseph Redouté zeigt also keine Madonnen-Lilie, sondern eine Madonnen-Lilie.