Krise (altgr. κρίσις)
Geschriebenes
Not. Elend. Misere. Depression. Tragik.
Das sind alles moderne Bedeutungsaspekte des Begriffs Krise. Sie markieren eine Phase der Ausweglosgkeit. Ein Ausharren im Negativen. Das breite Tal zwischen Höhepunkten.
Traditionell gesehen hat Krise allerdings eine leicht andere Färbung und bedeutet vor allem eines: Ein Entscheidungsmoment.
Eine medizinische Krise ist der Wendepunkt in einem Krankheitsverlauf, wo sich die Krankheit verstärkt, umschlägt oder nachlässt.
Eine politische Krise löst entweder Kriege, Revolutionen und Rebellionen aus oder führt zu Verhandlungen mit strukturellen Veränderungen.
Eine Wirtschaftskrise ist der Wendepunkt nach einer einschneidenden Depression, wo eine neue Konjunkturphase beginnt.
Eine rechtliche Krise ist eine aussergewöhnliche Situation, die Konsequenzen von unbekanntem Ausmass nach sich zieht.
Eine Krise im klassischen Drama bezeichnet die Peripetie (altgr. περιπέτεια) im dritten Akt des Stücks, den entscheidenden Wendepunkt der Handlung bzw. das Umschlagen des Glücks/Unglücks im Schicksal eines Charakters.
Eine Krise kann in einem Entzug sämtlicher Handlungsmöglichkeiten kulminieren. Aber eine Krise ist nie von Dauer. Denn es passiert immer etwas. Es muss etwas passieren. Sonst ist es keine Krise.
Eine Krise – im ursprünglichen Sinne – ist also kein Treibsand.
Eine Krise ist ein Katalysator.
Anmerkungen:
Quellen:
1. Wikipedia-Artikel zur Krise
2. „Die Krise bei den Krankheiten ist, wenn sich die Krankheiten verstärken, nachlassen, in eine andere Krankheit umschlagen oder aufhören.“ Corpus Hippocraticum, De affectionibus 8.
3. Schössler, F. (2017). Einführung in die Dramenanalyse (2. Auflage). Stuttgart: J.B. Metzler, S. 22.
Bild:
Fotografie der explodierten Haupttriebwerke des Space Shuttle Challengers am 28. Januar 1986. (Quelle)