Nicht-Neues

Geschriebenes

Im Internet herrscht eine Autorität des Neuen. Die unmittelbarsten Reaktionen klettern an die Spitze der Feeds und die neusten Memes fegen als virale Lauffeuer über den digitalen Globus.

Google belohnt die neusten Artikel mit einem besseren Ranking. Videos in den Youtube Trends sind selten älter als einige Tage und auch Beiträge auf meinem Blog mit einem Veröffentlichungsdatum von vor über einer Woche werden kaum mehr angeklickt.

Das Neue ist in vielen Fällen informativer. Die neusten wissenschaftlichen Studien setzen in der Regel am aktuellen Forschungsstand an und nutzen überprüfbare Methoden. Die neusten Fallzahlen sind der zuverlässigste Indikator für die Beurteilung der momentanen Lage. Doch Musikstücke, Texte, Bilder und Filme sind nicht notwendigerweise relevanter, nur weil sie erst vor Kurzem gedacht, gemacht und geteilt wurden.

Suche ich in der physischen Welt nach einem anregenden Buch, gehe ich nicht an den Kiosk. Und möchte ich die Zeitung lesen, dann grabe ich nicht in den Archiven der Bibliothek. Doch wenn ich im Internet nicht Neues, sondern Gutes will – wo schaue ich dann?


Bild: Ausschnitt aus The Artist’s Father, Reading “L’Événement” (1866) by Paul Cézanne – Quelle.


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