Was ist Authentizität?
GeschriebenesAuthentizität bedeutet, so zu handeln, wie wir programmiert worden sind. So zu sprechen, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Authentizität ist das Gegenteil von Schauspiel. Das Antonym von Heuchelei.
Doch können wir uns überhaupt auf unsere Authentizität verlassen oder diese gar kultivieren?
Für Seth Godin ist Authentizität eine Ausrede. Im Podcast mit James Altucher meint der Marketingspezialist, «das letzte Mal, als wir wirklich authentisch waren, war, als wir uns als Baby in die Windeln gemacht haben.» Ab diesem Moment liegt es in unserer Entscheidungsgewalt, so oder so zu handeln, so oder so zu sprechen. Es ist nicht unsere Natur, sondern unser Job, Entscheidungen zu treffen. Die Summe der Entscheidungen definiert unsere Person, unseren Charakter.
Wenn sich ein Kettenraucher von seinen Zigaretten verabschiedet, ist er dann nicht authentisch, weil er schon immer geraucht hat?
Wenn ein Schriftsteller sein erstes Buch veröffentlicht, ist er dann authentisch, obwohl er noch nie zuvor ein Buch geschrieben hat?
Wenn ein junger Mann einer Frau im Rollstuhl über eine Schwelle hilft, gilt das dann als authentisch, auch wenn der junge Mann im Alltag ein Arschloch ist?
Wenn ich für meine Leben gerne esse, bin ich dann nur als „Fettsack“ authentisch? Und bin ich ein Heuchler, wenn ich – trotz meiner Vorliebe fürs Essen – schlank bin? Unsinn! Wenn eine biologische Störung für meine Fettleibigkeit verantwortlich wäre, dann könnte man das vermutlich als authentisch definieren. Doch weil ich nichts unabsichtlich esse, ist Fettleibigkeit nicht authentisch, sondern die Konsequenz der Entscheidungen, die ich treffe. Jeder Biss ist eine Entscheidung. Und wenn ich mich entschiede, zu viele Bissen zu essen, dann entscheiden ich mich, fett zu sein.
Wir ticken alle unterschiedlich und deshalb fallen uns bestimmte Entscheidungen einfacher als andere. Wir finden unsere Art, unseren Stil, unsere Handschrift, durch die Akkumulation unserer Entscheidungen. In gewisser Weise erschaffen wir uns so unsere Authentizität selbst. Wir entscheiden, was andere an uns als authentisch empfinden und was nicht.
Doch weil wir nicht authentisch sind, können wir uns verändern. Es liegt in unserer Macht, unsere Handlungsmuster in Frage zu stellen und zu verändern. «If you always do what you’ve always done», formulierte Henry Ford eindrücklich, «you’ll always get what you’ve always got.» Wenn uns gefällt, was wir haben, dann ist alles in Ordnung. Wenn wir allerdings nicht zufrieden sind, dann können wir es verändern. Wir stecken nicht fest, wo wir sind. Wir sind nicht authentisch.