Prognosen

Geschriebenes

«Prognosen sind schwierig,» hat angeblich Niels Bohr einst treffend formuliert, «besonders wenn sie die Zukunft betreffen.» Schwierig ist vielleicht noch etwas untertrieben. Unmöglich wäre vermutlich passender.

Als eifriger Nassim–Taleb–Leser glaube ich zu wissen, dass es sich bei fast allen relevanten Veränderungen um «Black Swans» handelt. Das sind unvorhersehbare Ereignisse mit unvorhersehbar grossen Konsequenzen. Die Zukunft vorauszusagen, ist also etwa so, wie mit verbundenen Augen nach einer Piñata zu schlagen, die möglicherweise gar nicht existiert – keine Herkulesaufgabe, sondern blosse Zeitverschwendung.

Trotzdem kann Prognostizieren einen grossen Spass machen: Zu glauben, wie offen die eigene Perspektive in Richtung Zukunft doch sei, welch grosses Vorstellungsvermögen und welche Aufgeschlossenheit man besitze, nur um einige Jahre später über seine Engstirnigkeit und kognitiven Dissonanzen zu lachen.

Anstatt die Zukunft zu prognostizieren, kann es dagegen fruchtbarer sein, die Gegenwart genauestens zu beobachten: Daten sammeln und verstehen versuchen, was im Moment auf der Welt passiert. Was banal klingt, ist tatsächlich schwieriger als man zu Beginn vermutet. Wo soll bei dieser Komplexität der Gesamtheit genau hingeschaut werden? Welche Variablen sollen miteinbezogen werden? Wie gelangt man an relevante Datensätze? Und wie bleibt man dabei objektiv? Das sind Fragen, die in der Theorie nur schwierig zu beantworten, und in der Praxis noch schwieriger umzusetzen sind.

Eine pragmatische Herangehensweise ist die Via Negativa: Dabei handelt es sich um einen skeptischen Blick auf aktuelle Methoden, Prozesse und Verfahren. Das Ziel dabei ist, zu mutmassen, was in kommenden Jahrzehnten an Gegenwärtigen nicht mehr vorhanden sein wird. Etwas, das nicht nachhaltig, gefährlich oder gar destruktiv ist, wird irgendwann verschwinden. Es kann sich länger aufrechterhalten, als man ursprünglich vermutet hat, muss aber notwendigerweise früher oder später (von wem auch immer) eingestellt werden.


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