Es wächst ein Zahn

Geschriebenes

Die Spannung im Kiefer nimmt zu. Plötzlich dringt eine harte Spitze durchs Zahnfleisch. Der Fremdkörper fühlt sich seltsam an und zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Man kann gar nicht anders, als die unbekannten Flächen und Ecken zu erkunden, bis sich die Zunge wund anfühlt. Es dreht sich alles um den neuen Zahn: Man stellt sich vor den Spiegel, schießt Fotos und schreit die Neuigkeit in die Welt hinaus. Doch es dauert nicht lange, bis dieser Hype abflacht; nicht, weil das Wachstum pausiert, sondern weil man es vergisst. Und bevor man es weiß, ist der Zahn schon halb draußen. Er ist nun Teil des Kauapparats. Dies ist lange keiner Bemerkung wert. Bis man spürt, dass einem unbekannte Möglichkeiten des Zubeißens offenstehen. Und ja, es kann sich auf einmal dort Karies bilden, wo bis vor Kurzem noch gar nichts war.

So ungefähr könnte sich eine Metapher für Wachstum und Veränderung lesen. Aber das interessiert mich gerade nicht. Ich wollte einfach teilen, dass mir seit letztem Monat ein Zahn wächst. Oben, links um genau zu sein.


Bild: Details der Illustration Odobenus rosmarus (1596–1610) von Anselmus Boëtius de Boodt, Rijksmuseum – Quelle.


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